So, mein kleines Programm ist zwar alles andere als fertig, aber man kann schonmal was damit anfangen. Wobei man von einem Programm noch nicht die Rede sein kann. Es sind bisher nur zwei Python Scripte. Das erste Script liest die Grafiken mit den Spektralkurven der einzelnen LEDs ein, die aufwändig vorbereitet werden müssen, dass zweite Script kann verschiedene LEDs miteinander kombinieren und die daraus resultierende Spektralkurve berechnen. Aber von vorn.
Im ersten Schritt muss man die Spektralkurve aus den Datenblättern extrahieren. Das lässt sich leider nicht automatisieren, da jeder Hersteller die Daten anders ablegt. Hier ist also Handarbeit gefragt. Dieser Schritt muss zum Glück für jede LED nur einmal gemacht werden.
Das erste Script liest die Grafik ein und wandelt die Daten in eine Tabelle um, die in einer einfachen Textdatei im JSON Format abgespeichert wird. Für jede LED eine Datei. So lassen sich die Daten einfach bearbeiten und weitergeben.
Der zweite Schritt besteht darin, eine weitere Textdatei im JSON Format anzulegen. In dieser Datei stehen Informationen über die LED Kombinationen. Diese Datei sieht zum Beispiel so aus.
{
"name": "Test2",
"leds": [
["Cree_XB-D_kw", 4, 227, 0],
["Cree_XT-E_royalblau", 1, 0.910, 1],
["GoldenDragonTiefrot", 5, 0.540, 1]
]
}
Für jede LED gibt es einen Eintrag mit vier Angaben. Die erste Angabe ist der Name der LED, unter der auch die Datei abgespeichert ist. Die zweite Angabe ist die Anzahl der LEDs, die verwendet werden sollen.
Der dritte Wert ist entweder die Angabe in Lumen oder Milliwatt, je nachdem, was im Datenblatt angegeben wird. Dieser Wert ist abhängig vom Strom, mit dem die LED betrieben wird. Hier möchte ich in Zukunft den Strom angeben können und das Programm soll die entsprechenden Lumen oder mW Werte aus einer weiteren Tabelle entnehmen können. Der letzte Wert sagt dem Programm, ob die Angabe in Lumen oder mW erfolgt.
Daraus kann das Programm jetzt verschiedene Werte berechnen. Zuerst ein paar langweilige Zahlen.
PWR: 6.42W
blue: 1.70W 26.53% 27%
green: 0.88W 13.76% 19%
yellow: 0.30W 4.65% 4%
orange: 0.66W 10.22% 16%
red: 2.64W 41.07% 23%
farred: 0.24W 3.77% 11%
Der Wert PWR gibt die insgesamt abgegebene Strahlungsleistung in Watt an. Darunter folgt die Aufteilung in verschiedenen spektralen Bereichen. Im blauen Bereich von 400-480nm wird zum Beispiel insgesamt 1,7W abgegeben. In der nächsten Spalte steht die prozentuale Aufteilung.
Die letzte Spalte bedarf einer kleinen Erklärung. Pflanzen haben ein sogenanntes Wirkspektrum. Das gibt Aufschluss darüber, wie gut eine Pflanze eine bestimmte Frequenz des Lichtes verarbeiten kann. Leider gibt es etwa so viele Wirkspektren wie es Studien darüber gibt. Es gibt auch kein allgemein gültiges Wirkspektrum, welches für alle Pflanzen gilt. Jede Pflanzenart hat ein mehr oder weniger stark abweichendes Spektrum.
Ich habe mich für das Spektrum nach DIN5031 aus dem Jahr 2011 entschieden. Das scheint ein brauchbarer Mittelwert zu sein, an dem man sich zumindest grob orientieren kann. Die letzte Spalte gibt also die prozentuale Verteilung dieses Wirkspektrums an. So hat man schonmal eine grobe Vergleichsmöglichkeit, ob man zum Beispiel zu viel blau hat.
So viel zur trockenen Theorie. Jetzt mal ein schönes Bild ;)
Das Bild zeigt die resultierende Spektralkurve aus unserem Beispiel, dargestellt durch die schwarze Kurve. Die grüne Kurve stellt das Wirkspektrum dar, und zwar unter der Annahme der selben Leistung. Das heißt, die Fläche unter beiden Kurven entspricht 6,42W. Die senkrechten hellblauen Linien markieren die Grenzen für die unterschiedlichen spektralen Bereiche.
In dem gezeigten Beispiel sieht man einige Dinge auch recht schön. Zum Beispiel die Spitzen, die durch das enge Spektrum von einfarbigen LEDs entstehen. Die ergeben aber durchaus Sinn. Es ist nicht unbedingt nötig, dass Wirkspektrum mit akribischer Genauigkeit nachzubilden. Hier kommen die Prozentzahlen ins Spiel.
Wie man im blauen Spektrum sehen kann wären 27% der gesamten Strahlungsleistung optimal. Trotz der Spitze ergibt sich in Summe ein fast ideales Verhältnis.
Noch etwas extremer ist es bei rot. Das relativiert sich allerdings etwas, wenn man orange, rot und far red zusammen betrachtet. Die ergeben nach DIN zusammen etwa 50%. Bei unserer Kombination ergibt sich in Summe etwa 54%.
In der Theorie also eine recht gute Kombination. Ob sie in der Praxis aber auch so gut funktioniert hängt von mehreren Faktoren ab, unter anderem von der Pflanze selbst.
Da ich jetzt die Möglichkeit habe möchte ich auch einmal die drei Beleuchtungen von meinem Radieschen Experiment durchrechnen. Zunächst die weißen.
Schon an der Grafik sieht man die Problematik. Viel grün und gelb, die nicht zwingend benötigt werden und zu wenig rot. Hier ist der Überschuss an Orange leider keine ausreichende Kompensation. Auch an den Zahlen sieht man deutlich: zu wenig in den wichtigen Bereichen "blue" und "red".
PWR: 3.90W
blue: 0.69W 17.70% 27%
green: 0.95W 24.46% 19%
yellow: 0.39W 9.98% 4%
orange: 0.97W 25.00% 16%
red: 0.63W 16.07% 23%
farred: 0.26W 6.78% 11%
Besser sieht es bei der Kombination 1x royalblau, 2x kaltweiß und 3x tiefrot aus.
Sieht ähnlich aus wie die Grafik von oben, aber ist nicht ganz identisch.
PWR: 3.93W
blue: 1.29W 32.72% 27%
green: 0.46W 11.62% 19%
yellow: 0.15W 3.82% 4%
orange: 0.34W 8.67% 16%
red: 1.56W 39.65% 23%
farred: 0.14W 3.52% 11%
Die prozentuale Verteilung sieht schon besser aus. Aber natürlich darf man nicht nur allein darauf schauen. Wie schon mehrfach erwähnt sind die beiden wichtigsten Bereiche für die Pflanzen blau und rot. Besonders im Bereich von 450nm und 660nm arbeitet eine Pflanze besonders effizient. Wenn man sich die Leistung betrachtet sieht man bei blau etwa 1,3W und bei rot 1,6W. Betrachten wir uns mal die zweifarbige Lampe.
Hier gibt es einen deutlichen Überschuss bei blau, könnte man meinen. Wenn man genau hinschaut ist die blaue Spitze aber etwas schmaler als die rote.
PWR: 3.98W
blue: 1.75W 43.98% 27%
green: 0.07W 1.73% 19%
yellow: 0.01W 0.15% 4%
orange: 0.10W 2.47% 16%
red: 1.93W 48.45% 23%
farred: 0.13W 3.22% 11%
Die Zahlen sagen aber, dass wir bei blau nur 1,75W und bei rot fast 2W haben. Vergleicht man das mit dem letzten Beispiel sieht man auch, dass man jeweils etwa ein halbes Watt mehr in den entscheidenden Bereichen hat.
Der Vergleich zu den weißen LEDs ist noch extremer. Die 0,7W im blauen Bereich werden durch das eine Watt bei grün nicht kompensiert. Sofern die Pflanze also nicht überdurchschnittlich viel mit grün anfangen kann ist die Beleuchtung mit weißen LEDs extrem ineffizient. Daher sollten weiße LEDs höchstens als Zusatz dienen, um das blaue Spektrum etwas zu verbreitern und und etwas grünes Licht zu liefern, was schließlich nicht ganz wirkungslos ist. Außerdem lassen sie die Pflanzen in natürlicheren Farben erscheinen.
Auch die
NASA forscht an künstlicher Beleuchtung mit LEDs für Weltraummissionen. Hier werden jedoch noch extremere Verhältnisse verwendet. In der Studie vergleichen sie 16% blau und satte
84% rot mit 15% blau, 24% grün und 61% rot. Also ein deutlich größerer Anteil an rot als es laut DIN notwendig wäre, wobei die Grenzen zwischen den Spektren anders, aber nicht entscheidend, verteilt sind.
Die NASA hat dabei festgestellt, dass bei gleicher Strahlungsleistung das zusätzliche grüne Licht eine positive Wirkung auf das Pflanzenwachstum hat und man mehr Ertrag erzielen konnte. Bei Gelegenheit werde ich den Test mit ähnlichen Werten auch mal durchführen.
Die Berechnungen aus meinem Programm und auch die anderen Erkenntnisse spiegeln sich auch in meinem Radieschenexperiment wieder. Der deutliche Leistungsvorsprung im roten und blauen Bereich bei der zweifarbigen Beleuchtung macht sich bemerkbar. Die Pflanzen wachsen insgesamt am kräftigsten. Bei den gemischten LEDs scheint die Leistung bereits zu fehlen. Ich operiere da also im unteren Grenzbereich dessen, was die Pflanzen benötigen. Abgeschlagen auf dem letzten Platz liegen die weißen LEDs. Sieht zwar gut aus, aber bringt wenig. Wenn ich von den 16 gesäten Radieschen 3 ernte ist das noch ein gutes Ergebnis. Und das mit der größten elektrischen Leistung.